Joanna Nottebrock Fotografie & Design







BOXEO

Bei Kuba denkt man zunächst an heiße Rythmen im Stil des Buena Vista Social Clubs und an exotischen Urlaub. Doch Kuba ist auch bekannt für seine renommierten Boxer. Wie diese entstehen daran denken die Wenigsten.

Havanna - Im tiefsten Zentrum Havannas hinter dem berühmten Capitolio, befindet sich ein kleiner verstaubter Platz zwischen großen baufälligen Wohnhäusern an deren maroden Fassaden weder Farbe noch Putz ausreichend Halt finden. Das improvisierte Gymnasio de Boxeo. Hier leitet gerade Luis Puentes (11) die Jüngsten der kleinen Nachwuchstalente beim Aufwärmtraining an. Zuhause verbringt er kaum noch Zeit. Wenn er nicht in der Schule ist, verbringt er seine Zeit hier. Er ist sehr schüchtern und doch verrät er uns, dass er ein erfolgreicher und berühmter Boxer werden will, wenn er groß ist. Er will den Stolz seiner Familie und seines Landes - er will ein erfolgreicher Profiboxer werden.
Für dieses Ziel arbeitet er hart im Gimnasio de Boxeo. Sein Blick ist ernst und konzentriert. Sein Ausdruck wirkt viel erwachsener als es seinem jungen Alter angemessen wäre. Seine Trainer fordern viel von ihm. Es bleibt offen, ob er seine Ziele verfolgt oder eher die der Trainer, die sich im Erfolg ihrer Schützlinge sonnen wollen? Die Trainer wirken erfahren was das Boxtraining angeht, jedoch nicht was die Kinderbetreuung betrifft. Hier geht es einzig und allein ums Drillen, das Stählen der kleinen Körper und abhärten des Geistes.

Auf Kuba hat Boxen ein anderes Image als in Deutschland. Boxer werden nicht als Haudrauf-Typen betrachtet, sondern als Sportler mit technischer Präzision, körperlicher Kraft und Ausdauer. Ihr Ruf ist aber auch weltweit sehr gut, weil Kuba bereits einige Olympiasieger hervorgebracht hat.Unter vorgehaltener Hand verraten einige der jungen Boxer auch ihren Traum durch ihre Boxkarriere nicht nur mehr Geld zu verdienen, sondern auch zu reisen, vielleicht sogar Kuba zu verlassen. Sie lieben ihr Land, aber nicht alle Einschränkungen in ihrem Land.

Im Moment trainieren die Jungs besonders hart und verbringen ihre ganze Zeit im Boxring, denn in Kürze gibt es ein Talentscouting im Gimnasio de Boxeo – für einige eine große Chance. Speziell für diesen Anlass werden sogar Treppenstufen an zwei Seiten des erhöhten Rings gebaut. Auch Leonardo Morales (14) will während dessen zeigen was er kann. Die Trainer glauben an sein Talent. Aber auch die anderen Jungs, die schwitzend um den Ring laufen, sprinten und hüpfen, hoffen auf ihr Glück.

Training bis zur Erschöpfung

Leonardo trainiert fünf mal in der Woche. Sein großes Vorbild ist der erfolgreiche kubanische Profiboxer Yuriorkis Gamboa Toledano. Während Luis einen Gummireifen an der Wand bearbeitet, macht Leonardo Klimmzüge an der Stahlstange, die aus der Hauswand absteht. Selbst die Jüngsten schaffen schon Klimmzüge. Beim Training wird von den Trainern großer Wert auf Disziplin gelegt. Nach dem harten Aufwärmtraining, gibt der Trainer vor, wer als erstes im Ring gegeneinander antreten soll. Die Jungs ziehen sich zurück in eine kleine Mauerruine. Das wird wohl eines Tages die Umkleide des Gimnasio werden, doch momentan ist weder Geld noch Material da, um das Vorhaben abzuschließen. Leonardo und Luis binden sich schon die Bandagen um die Hände und ziehen dann die überdimensioniert wirkenden Boxhandschuhe über. Direkt vor dem Zweikampf, Junge gegen Junge im Ring, setzen die Trainer den Kopfschutz auf. Luis sieht konzentriert und nachdenklich aus, vielleicht ahnt er auch schon, dass er gegen seinen vom Trainer ausgesuchten Gegner gar keine Chance haben wird und deshalb der Kampf gleich wieder abgebrochen wird. Dabei geht es dem ruppigen Trainer weniger darum Luis zu schonen, als vielmehr interessante und harte Kämpfe zu gestalten. Einen Schongang gibt es beim Boxen nicht, schon gar nicht für Kinder auf Kuba.